Die Flüsse Tagliamento im Osten, Cellina im Westen, Meduna im Zentrum: drei leuchtende Bänder, sichtbar wie keine anderen Flüsse bestehen sie aus endlosen, blendenden Weiten weißer Steine.
Gut zu sehen – und zum Glück – nicht nur weiß, sondern auch Steine in vielen anderen Farben.
Von diesen Steinen, Symbol der Armut dieser Gegend, wussten die Friulaner im Laufe der Jahrhunderte Gebrauch zu machen. Ein Gebrauch, der sie in die ganze Welt führte. Bereits ab dem 15. Jahrhundert gelangten die Flusssteine der „Grava“ Friauls nach Venedig, und zusammen mit ihnen die Handwerker, die geschickten Terrazzoleger, die in der Lage waren, für die prächtigen Paläste der Lagune jene kostbaren Fußböden zu schaffen, die wir heute als „Terrazzo alla veneziana“ kennen. Am Flussbett sammelten die friulanischen Frauen und Jungen die Steine unterschiedlicher Körnung und Färbung – darunter den seltenen und begehrten Clap fiât, einen Stein in dunklem Rot-Braun –, die mit den Wagen und Jahrhunderte später mit der Eisenbahn bis zur Lagunenstadt transportiert wurden. Hier entstanden aus den bunten Steinen, vermischt mit Marmor, Ziegelstein und erloschenem Kalk, durch mühevolle und kunstfertige Bearbeitung, Hämmern und Schleifen die glänzenden Terrazzoböden und später dekorative Mosaike zur Verkleidung von Wänden und Gebäudegewölben.
In Venedig fand die magische Begegnung der rauen Einfachheit friulanischer Steine mit dem glitzernden Reichtum der Glassmalten aus Murano statt. Auch ich gehe im Flussbett des Tagliamento auf die Suche nach dieser Magie, um die Steine der alten Terrazzoleger zu finden. In deren Werken begegnen wir den Steinen noch heute in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen: ganz, gespalten, als Hintergrund oder als Hauptmotiv – die Steine des Tagliamento sind stets in ihrer einfachen, reinen Schönheit die großen Protagonisten in vielen meiner Mosaike.
Historische Anmerkungen aus dem Text „sassi/claps“ von Gianni Colledani in “Dal sasso al mosaico” (Vom Stein zum Mosaik)